Oft ist es ja so: Eine ältere Liegenschaft mit viel Umgebungsgrün mitten in einem Wohnquartier und an bevorzugter Lage wird gewinnbringend verkauft. Anschliessend wird das bestehende Wohnhaus abgerissen, um möglichst vielen Wohneinheiten Platz zu machen, indem die Ausnützungsziffer ausgeschöpft wird. Viel Beton und wenig Grün bestimmen dann oft die neue Wohnsituation.
Nicht so bei dieser Liegenschaft. Hier verlief es für einmal umgekehrt: Haus und Garten bleiben weiterhin bestehen. Gemeinsam mit der Mieterschaft sanierten die Liegenschaftsbesitzer die in die Jahre gekommene Gartenanlage eines älteren Einfamilienhauses in einer Gemeinde am Zürichsee.
Das Hauptaugenmerk des Gestaltungsauftrages lag in einer sanften Neuinszenierung des Eingangs- und Sitzplatzbereichs. Das Neue darf dabei nicht als störend empfunden werden, und der bestehende wildwüchsige Charakter soll erhalten bleiben. Dazu soll ein Sichtschutz hinzukommen, der unerwünschte Einblicke verhindert und ein Gefühl der Geborgenheit zulässt.
Eine geplante «Wildnis»
«Das verwilderte Gelände zeigte immer noch sein naturräumliches Potenzial. Die ursprünglichen gestalterischen Funktionen waren zwar verwischt, aber die Grundzüge noch klar ablesbar», erinnern sich die beiden Gartenplaner Robin Lustenberger und Jan Schelling von der LSLA GmbH.
Mit viel Einfühlungsvermögen wurde der ursprüngliche Garten von den beiden Planern in einen weiterhin wildwüchsigen, aber strukturierten und geschützten Aussenraum umgestaltet. Der bestimmende Massstab der Gestaltungsarbeit war dabei ein schonender Umgang mit vorhandenen und neuen Ressourcen. Dementsprechend wurden die gestalterischen Eingriffe so vorgenommen, dass sie nicht als neu oder fremd und störend empfunden werden. Oder sachkundiger ausgedrückt: Eine in das bestehende Gartenkonzept eingefügte Gartensanierung war das gestalterische Ziel. Denn die Bauherrschaft wie auch die Mieter haben sich gemeinsam darauf geeinigt, die Ursprünglichkeit und die Lebendigkeit des Gartens zu erhalten, wo nötig wiederherzustellen, aber auch neu zu interpretieren.
Den natürlichen Charakter des Grundstücks zu bewahren, lag den Auftraggebern demzufolge besonders am Herzen. Gestalterische Ideen wurden so umgesetzt, dass der Garten heute nicht zu edel und künstlich wirkt. Auch die Pflanzenvielfalt und Lebendigkeit fliessen in den neuen Gartenentwurf mit ein. Ein zu kultiviertes Erscheinungsbild war weniger gefragt.
Ein kurzer Rückblick
Als die beiden Gartengestalter Robin Lustenberger und Jan Schelling das Anwesen zum ersten Mal betraten, war von Wiesen- oder gar Rasenflächen fast nichts mehr zu erkennen. Der Bodenbelag aus Natursteinen war vielerorts wackelig und abgesenkt. In den Platten hatten sich Risse gebildet, und die Ecken fehlten teilweise gänzlich. Ein ähnliches Bild bot der alte Pavillon, der sich an das Wohngebäude anlehnt. Die Holzkonstruktion war marode, und auch hier war der Bodenbelag sanierungsbedürftig. Zudem fehlte es in dieser Aufenthaltszone reichlich an Privatsphäre. Früher gab die offene Gartengestaltung die Sicht frei auf eine weitläufige Riedlandschaft. Dieses artenreiche Naturparadies war immer wieder ein optischer Genuss. Mit der Umzonung und zahlreichen neu erstellten Wohnbauten in den angrenzenden Landparzellen führte diese offene Gartensituation jedoch zu unerwünschten Einblicken. Die eindrückliche Kulisse der Riedlandschaft war weg, und mit den vielen Nachbarbauten wuchs das Bedürfnis nach mehr Privatsphäre.
Gestalterische Zurückhaltung mit viel Gespür
Der neu gestaltete Eingangsbereich erhielt ein formales Design, das zurückhaltend und nicht störend an die Architektur des Wohngebäudes angebunden wurde. Die Formgebung und die Materialität wirken heute so, als seien sie schon immer ein Bestandteil des Gebäudes gewesen. Die bestehenden Naturstein-Bodenplatten aus Maggia-Gestein wurden säuberlich ausgebaut, saniert und wieder eingebaut.
Für die verschiedenen Übergänge, das Überwinden von Höhenunterschieden und als Rahmenelemente wurde Cortenstahl verwendet, was eine eigenwillige, aber wirkungsvolle Optik erzeugt. Die charakteristische Patina der Stahloberflächen entwickelt ein gewisses Eigenleben und dessen Strukturen und Farben verändern sich immer wieder. Ein Wechselspiel, das sich gleichzeitig an die sich jahreszeitlich verändernde Bepflanzung anlehnt. Zur Raumbildung und zur Gliederung des Aussenraumes wie auch in Anlehnung an die ursprüngliche Riedlandschaft wurden Sumpfeichen gepflanzt. Gewählt wurden Dachformen, die den Gartenraum optisch begrenzen und strukturieren, gleichzeitig aber auch die massive Rückseite des Pavillons optisch brechen.
Heute lebt dieser Aussenraum von der Vielfalt und der Schönheit seiner Pflanzen sowie deren besonderen Formen; natürliche Ausstattungselemente spielen eine gleichbedeutende Rolle und betonen den naturnahen Charakter der Gartenanlage zusätzlich.
Man erkennt es sofort: Diesen Garten bewohnen naturverbundene Menschen. Hier darf sich Leben entfalten, Dynamik wird bewusst zugelassen. Die Natur findet ihren Raum in einer Gestaltung, die weitgehend mit heimischen und standortgerechten Pflanzungen sowie Naturbaustoffen arbeitet und das Vorgefundene harmonisch einbindet.