Fast geräuschlos schwebt das Doppelbett von der Decke herunter – auf Knopfdruck. Wo wenige Sekunden zuvor noch ein Sofa und Salontische zu sehen waren, kann nun bequem genächtigt werden. Die Salontische dienen dabei als Bettstütze, das Sofa verschwindet unter dem Bett – nur die Kissen müssen entfernt werden. Der Platz wird nicht nur im Wohn- respektive Elternschlafzimmer perfekt ausgenutzt, in der kleinen aber feinen Mikro-Musterwohnung, die neuerdings in der Umwelt Arena in Spreitenbach besichtigt werden kann, ist alles durchdacht. Auf 50 Quadratmetern befinden sich ein Kinderzimmer, ein Bad, ein begehbarer Kleiderschrank sowie ein offenes Wohn- und Esszimmer mit moderner Küche, das gleichzeitig auch das Elternschlafzimmer und das Büro ist.
Flexibilität als Schlüssel
Die Wohnung in Spreitenbach ist zwar eine Musterwohnung, genauso wird sie zurzeit jedoch auch in Opfikon gebaut – von Umwelt Arena-Gründer und Generalunternehmer Walter Schmid aus Glattbrugg. Drei der insgesamt 14 Wohnungen im neuen Mehrfamilienhaus werden Mikrowohnungen sein. Der gesamte Komplex ersetzt die bisherigen beiden Einfamilienhäuser. Walter Schmid ist von seinem Projekt überzeugt. «Verdichtet und nachhaltig leben, und doch auf nichts verzichten müssen, das ist die Zukunft», sagt er. Die Mikrowohnungen seien so aufgebaut, dass sie auf kleinem Raum alles beinhalten, was man für ein komfortables Leben braucht. Und dies zu einem vergleichsweise tiefen Preis: Die Monatsmiete wird um die 1700 Franken betragen.
Elektrische Schiebewände, die aus- und wieder eingefahren werden können, ermöglichen Privatsphäre und eine flexible Nutzung. So kann im Wohnzimmer der hintere Bereich mit dem Sofa respektive dem Bett schnell und einfach von der Küche und dem Esszimmer abgetrennt werden. Wer in Ruhe arbeiten möchte, öffnet eine Schranktüre neben dem Essbereich. Dahinter versteckt ist ein Arbeitsplatz, die geöffnete Türe sorgt dafür, dass man abgeschirmt sitzt. Das Kinderzimmer wird auf Wunsch mit zwei Schrankbetten ausgestattet – so bleibt auf 14 Quadratmetern tagsüber Platz zum Spielen. Der begehbare Kleiderschrank ist genug gross für die ganze Familie.
Die Wohnungen offenbaren auch sonst viel Ausgeklügeltes, um Platz zu sparen: Das Bügelbrett lässt sich aus einem Schrank aus- und wieder einklappen, im Badezimmer ist anstelle einer normalen Türe eine Schiebetüre eingebaut. In jedem Raum befinden sich Einbauschränke und Einbauregale, die Stauraum bieten. Die Küche lässt sich hinter einer ausfahrbaren Wand vollständig verstecken, und ein hoch angebrachtes Regal kann mit einem Handgriff heruntergezogen werden. In den 50 Quadratmetern nicht eingerechnet sind die Aussenterrasse und das Kellerabteil, in dem auch gebastelt werden kann.
Verdichten ohne Verzicht
Wer nun meint, die Wohnungen wirkten durch die Platzoptimierung beengend, irrt. Durch die gute Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Platzes und die flexiblen Wände ergibt sich ein grosszügiges und modernes Raumgefühl. Genau dies war es auch, was Walter Schmid erreichen wollte. «Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn es nicht mit einer Komforteinbusse verbunden ist.»
Die Mikrowohnungen seien perfekt für umweltbewusste Paare und Familien, die Nachhaltigkeit schätzen und die ein Zuhause wünschen, das sie über alle Lebensphasen hinweg nutzen können. «Wohnen auf kleinem Raum braucht weniger Bauland, weniger Energie, weniger Bausubstanz und somit auch weniger graue Energie.» Seine Mikrowohnungen würden für ein junges Paar passen, mit Abstrichen bezüglich des zweiten Kinderzimmers auch für junge Familien und dann sowieso wieder, wenn die Kinder ausgezogen seien – dank Barrierefreiheit bis ins hohe Alter, so Walter Schmid.
Energietechnisch ist das Mehrfamilienhaus auf dem neuesten technischen Stand. Wärmepumpe, Solarpanels und effiziente Elektrogeräte sorgen dafür, dass es eine gute Energiebilanz aufweist. «Die Bewohnerinnen und Bewohner können die vom Haus selbst produzierte Energie kostenlos nutzen, das sorgt für tiefe Nebenkosten.» Ein Zähler zeigt transparent an, wie viel Energie in der Wohnung verbraucht wurde. Ist das zur Verfügung stehende Limit erreicht, erscheint eine Meldung, «ab dann muss der Strom eingekauft werden.» Dieses Prinzip hat Schmid bereits in anderen Überbauungen eingeführt. Die Rückmeldungen seien durchwegs positiv. Die Bewohnerinnen und Bewohner würden es schätzen, den eigenen Strom verbrauchen zu können, und gleichzeitig würden sie durch den Zähler dazu animiert, sich mit dem Stromverbrauch bewusster auseinanderzusetzen.
Walter Schmid hat als Generalunternehmer viel Erfahrung mit der Umsetzung von Bauprojekten. Er sagt, Mikrowohnungen würden sich gut kapitalisieren lassen. «Heute gibt es noch viele Einfamilienhäuser, die auf grossen Grundstücken stehen.» Er könne allen Personen, denen das Haus zu gross geworden sei, empfehlen, einen Ersatzbau mit Mikrowohnungen zu überprüfen. «So kann man selbst bis ins hohe Alter hier wohnen bleiben und gleichzeitig für andere erschwinglichen und nachhaltigen Wohnraum anbieten.»
Bettina Schmid, Redaktorin HEV Schweiz
Rundgang durch die Wohnung
Rundgang durch die Wohnung
In der Bildergalerie oben sowie am Ende des Textes finden Sie einen virtuellen Rundgang durch die Wohnung. Die 1:1 aufgebaute Musterwohnung ist zudem in der Umwelt Arena Spreitenbach auf Kurzführungen erlebbar. Diese finden zweimal täglich (14 und 15.30 Uhr) statt und sind für Besucher der Umwelt Arena kostenlos. Für Gruppen sind Führungen auf Anfrage buchbar.
Weitere Informationen: umweltarena.ch/besuchen/fuehrungen/