Der fünfte Monat des Jahres hat in Sachen Blüten einiges zu bieten. In den Wiesen haben die Gänseblümchen ihre strahlend weissen Blütenblätter geöffnet, in den Beeten entfalten sich Maiglöckchen, Pfingstrosen, Vergissmeinnicht, Nelken, Ranunkeln und viele andere Schönheiten. Angesichts der blühenden Ziergehölze geraten nicht nur Insekten ins Schwärmen.
Iris Salathé Rentzel und Alois Leute, Landschaftsarchitekten und Pflanzspezialisten bei Salathé Rentzel Gartenkultur in Oberwil, bringen es auf den Punkt: «Der Mai ist der Monat des Überschwangs.» Besonders reizvoll sei die Möglichkeit, Stauden mit spät blühenden Zwiebelpflanzen zu kombinieren. «Wenn man mit Stauden und Gehölzen eine Grundstruktur schafft, ist das, als würde man einen Anzug schneidern. Tulpen, Zierlauch oder Schachbrettblumen (Fritillaria) können dabei das i-Tüpfelchen sein. Mit ihnen entstehen immer neue Bilder – auch wenn der Anzug derselbe bleibt.»
Kleine Gehölze mit grossem Potenzial
Zwar sind Krokusse und Schneeglöckchen im Mai längst verblüht, aber solange die Bäume noch frei von Laub sind, nutzen Pflanzen wie Waldanemonen (Anemone blanda), Blaustern (Scilla bifolia), Bärlauch (Allium ursinum) oder Wald-Gelbstern (Gagea lutea) das verfügbare Sonnenlicht, um Energie in ihren Zwiebeln zu speichern. Dort müssen die Nährstoffe für die nächsten zehn Monate reichen – bis zum nächsten Frühling.
Mai-Gefühle kommen bei Iris Salathé Rentzel und Alois Leute auch angesichts der blühenden Obstbäume auf. «Wenn ich durch die Landschaft des Baselbiets fahre und die blühenden Bäume sehe, ist das für mich gleichzeitig Frühling und Heimat», erklärt Iris Salathé Rentzel. Wer genügend Platz hat, dem empfiehlt sie einen Hochstammbaum. Wo der Raum begrenzt ist, kommt Säulenobst infrage. «Gerade bei Birnen und Äpfeln gibt es sehr geeignete Sorten, die nur zweieinhalb bis drei Meter hoch werden.» Neben der kompakten Wuchsform hätten sie einen weiteren Vorteil: «Während Hochstämme oft über zehn Jahre brauchen, bis sie erstmals tragen, liefert ein Mini-Gehölz bereits im ersten Jahr Früchte.» Ein weiterer Pluspunkt: Säulenobst eignet sich dank seiner geringen Platzansprüche auch für die Kultivierung in Kübeln. Allerdings sollten die Kübel mindestens 30 Liter fassen.
Generell raten die Landschaftsarchitekten zu mehr Mut, wenn es um Zwergformen von einheimischen Gehölzen geht. «Kugel-Weissdorn (Crataegus monogyna ‘Compacta’) oder die Zwergfelsenbirne (Amelanchier ovalis ‘Helvetica’) bleiben niedrig und benötigen kaum Schnitt.» Beide Arten blühen im Mai schneeweiss und sind wertvolle Bienenweiden. Auch den Flügelspindelstrauch Euonymus alatus ‘Compactus’ empfiehlt sie allen, die wenig Zeit für die Gartenpflege haben. Er blüht zwar weniger auffällig, doch im Herbst begeistert er mit einem Feuerwerk aus intensiv rotem Laub.
Neue Pflanzen für neue Bedingungen
Die Pflanzenkenner beobachten eine spürbare Veränderung bei der Gestaltung von Aussenräumen: «Wir befinden uns gerade in einem besonderen Moment in der Pflanzenverwendung. Als Massnahme gegen das Insektensterben braucht es mehr einheimische Pflanzen. Doch viele davon passen gar nicht mehr in die künstlichen Lebensräume, die wir geschaffen haben.» Trockene, urbane Räume heizen sich im Sommer massiv auf und werden meist nicht bewässert. «Deshalb sind für uns Pflanzen aus südlichen oder östlichen Regionen sehr interessant. Auch die Tierwelt wandert ja nordwärts. Durch die Klimaerwärmung können wir heute Pflanzen verwenden, die früher nicht infrage kamen.» Je nach Mikroklima sei es mittlerweile möglich, sogar Dahlien den Winter über im Boden zu lassen – zumindest im Raum Basel, wo die Landschaftsarchitekten ihr Büro haben – oder sogar Passionsblumen ganzjährig ausgepflanzt zu lassen. In Zukunft werde man noch stärker auf Pflanzen setzen, die mit den veränderten klimatischen Bedingungen besser zurechtkommen. «Gewisse Eichenarten sind gut trockenverträglich, sie werden künftig häufiger eingesetzt. Bei den Zierpflanzen werden wir mehr Gewächse aus mediterranen Zonen sehen wie Yucca, Oleander oder Erdbeerbäume.»
Giersch: unbeliebt, aber sehr gesund
Der Frühling ist auch die Zeit der frischen Kräuter. Wie wäre es mit etwas Einheimischem statt abgepackten Exoten aus dem Supermarkt? Giersch (Aegopodium podagraria) hat zwar wegen seines Ausbreitungsdrangs einen zweifelhaften Ruf, ist aber sehr gesund und enthält viel Vitamin C. Allerdings gehört der ausbreitungsfreudige Giersch nicht in kleine Gärten – dort zählt jeder Quadratmeter. «Aber in grossen Anlagen – warum nicht? Wenn er eher schattig und trocken steht, ist er recht zahm.» Eine Alternative bietet der Weissbunte Giersch (Aegopodium podagraria ‘Variegata’), eine panaschierte Art, die weniger wuchert und sich gut als Bodendecker unter Gehölzen eignet. Auch die Blätter dieser Zuchtform sind essbar und schmecken fein nach einer Mischung aus Petersilie und Rucola. Wer verhindern will, dass sich der Weissbunte Giersch zu sehr ausbreitet, der knipst die Samen ab, bevor sie komplett ausgereift sind.
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