Aus dem Bundeshaus

Wenn Planer träumen und Eigentümer zahlen

von Marco Chiesa

Ständerat, Vorstandsmitglied des HEV Schweiz

Das «Raumkonzept Schweiz» ist ein strategisches Planungsinstrument von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden, das erstmals 2012 veröffentlicht wurde. Es soll als Leitbild für die langfristige Entwicklung von Siedlungsraum, Mobilität, Landschaft und Energieversorgung dienen. Der Entwurf der überarbeiteten Fassung wurde im Frühjahr 2025 in die Vernehmlassung geschickt.

Das Raumkonzept liest sich wie ein Manifest aus einem Paralleluniversum. Auf dem Papier klingt alles schön – verdichten, vernetzen, erneuern, über Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Doch wer in Städten lebt oder baut, weiss: Realität und Konzept stehen sich gegenüber wie Baugesuch und Einsprache.

Der HEV Schweiz hat den Entwurf in seiner Stellungnahme zerpflückt. Zu Recht. Denn was als «Orientierungsrahmen» daherkommt, ist sprachlich so formuliert, dass es wie ein Pflichtenheft wirkt. «Alle richten sich aus», heisst es da. Nur: Wer hat das beschlossen? Wer hat das demokratisch legitimiert? Niemand. Der Eindruck bleibt: Hier soll durch die Hintertür Verbindlichkeit geschaffen werden, wo es keine gibt.

«Verdichtung nach innen»: Ein Mantra, das in der Theorie gut klingt, in der Praxis aber an Lärmschutzvorschriften, Bauhindernissen und dem klassischen NIMBY-Prinzip (not in my backyard) scheitert. Gleichzeitig sollen Grünräume erhalten, Kulturlandschaften geschützt, Biodiversität gefördert und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Wie das alles gleichzeitig funktionieren soll? Keine Antwort.

Auch in der Energiepolitik geht das Konzept an der Realität vorbei. Fossile Energien? Weg damit. Erneuerbare? Her damit. Klingt einfach – wäre da nicht der Widerstand gegen Windräder, Solaranlagen und neue Wasserkraftwerke. Und in den Wintermonaten liefert die Sonne bekanntlich keine Vollversorgung.

Und was kostet das alles? Das bleibt offen. Im ganzen Konzept fehlen belastbare Zahlen. Keine Kostenabschätzungen, keine Angaben zur Umsetzbarkeit, keine Klarheit über den Ressourcenbedarf. In einer Zeit, in der Wohnraum knapp, Fachkräfte rar und Haushaltsbudgets angespannt sind, ist das ein eklatanter Mangel. Wer soll das alles bezahlen? Auch darauf gibt es keine klare Antwort. Am Ende werden es – wie so oft – die Hauseigentümer sein, welche die Rechnung tragen.

Das Raumkonzept will zudem geografische, institutionelle und politische Grenzen überwinden. Kooperation mit «Europa» wird gefordert. Europa? Ein Kontinent, keine Behörde. Wer ist da konkret gemeint? Wieder keine Antwort.

Raumplanung ist wichtig. Aber sie muss auf dem Boden bleiben. Sie muss die Lebensrealität der Bevölkerung abbilden – nicht an ihr vorbeigeplant werden. Was wir brauchen, ist eine Raumordnung mit Augenmass: flexibel, umsetzbar, bezahlbar. Raumplanung hat der Bevölkerung und der Wirtschaft zu dienen – nicht sich selbst.

«Hier soll durch die Hintertür Verbindlichkeit geschaffen werden, wo es keine gibt.»