Pantonefarbe 2024

Zart, umarmend und fast ein Hauch von Nichts

Die Farbe des Jahres 2024 von Pantone wirkt wie ein tröstender Seelenschmeichler. Ihr Name ist Peach Fuzz, und die Farbe kann tatsächlich eine Bereicherung für die Inneneinrichtung sein.

von Silvia Schaub

Journalistin

Der Farbton erinnert an vorbeiziehende Wolken während eines Sonnenuntergangs oder an die flauschigen Federn der Flamingos – pudrig, samtig, weich und zart. Schlicht ein tröstender Seelenschmeichler. Das soll Peach Fuzz auch sein. So die Botschaft des anerkannten Farbinstituts Pantone, das diesen Farbton zur Farbe des Jahres 2024 ausgerufen hat. Peach Fuzz ist ein blasser Pfirsichton, der zwischen Rosa und Orange changiert. Die sanfte Farbe mit der Nummer 13-1023 soll ein Gefühl der Zugehörigkeit, Neuausrichtung und Fürsorge vermitteln. Gar nicht so einfach, in Zeiten von Kriegen, Klimakatastrophen und Krisen. Für Leatrice Eiseman, Executive Directore beim Pantone Color Institute, kann sie noch mehr: «Sie vermittelt eine Atmosphäre der Ruhe und bietet einen Raum, der Balsam für die Seele ist. Damit können wir uns regenerieren und wieder aufleben, ganz gleich, ob wir Zeit mit anderen verbringen oder einen Moment allein geniessen.» Die Nuance strahle laut Eiseman auch Mitgefühl aus, sie fühle sich wie eine echte Umarmung an und schlage damit eine Art Brücke zwischen Jugendlichkeit und Zeitlosigkeit. Kurz gesagt, soll uns Peach Fuzz die aktuellen Probleme dieser Welt ein bisschen vergessen lassen.

Die Wirkung von Farben

Kann man das von einer Trendfarbe überhaupt erwarten? Und ist Peach Fuzz die richtige dafür? Vergleicht man sie mit ihren Vorgängerinnen wie Viva Magenta, Very Peri oder Greenery der letzten Jahren wirkt dieser Pfirsichton in der Tat sehr viel einladender, gemütlicher und auch freundlicher. Die Farbe strahlt eine angenehme Frische und Sanftheit aus, ohne an Eleganz einzubüssen. Dennoch fragt sich, ob das gut kommt. Schliesslich sagt die Farbforscherin Eva Heller über Orange, die dem Peach Fuzz zugrunde liegt, es sei die Farbe, die niemand mag. Orange ist nach Braun die unbeliebteste Farbe, hatte sie herausgefunden. Weshalb nur? Hat es damit zu tun, dass wir – zumindest früher – mit Orange eine billige Modernität verknüpfen? Was orange sei, wirke billig, denn es sei meist aus Plastik, schreibt sie in ihrem Standardwerk «Wie Farben wirken». Zudem ist Orange in der Werbung neben Rot die «klassische» Reklamefarbe.

Aber – und nun kommt das Gute – mit der Farbe verbindet man auch das Vergnügen, das Lustige, die Geselligkeit. Die modernen Maler verwenden Orange als Farbe der Lebensfreude. Vielleicht auch deshalb, weil Orange komplementär zu Blau ist. Blau ist die Farbe des Geistigen, der Nachdenklichkeit und Stille, ihr Gegenpol Orange repräsentiert folglich die entgegengesetzten Eigenschaften. Die Wirkung einer Farbe wird zwar weniger über ihre Komplementärfarbe definiert, viel wichtiger sind die Assoziationen, die durch die Erfahrung mit der Farbe entstehen. Und da kann die Farbe Orange punkten: Sie ist die Kombination aus Licht und Wärme. Entsprechend bringt sie ein angenehmes Raumklima. Ihre Helligkeit ist nicht so grell wie Gelb, bringt aber deren Leuchtkraft mit, und Orange ist weniger intensiv als Rot. Die ideale Mischung also, um Geist und Körper zu erfreuen. Da gibt es auch den Aspekt der kulturellen Wirkung einer Farbe. In China steht Orange nicht nur für Vollkommenheit und Glück, sondern auch für den Wandel. Und diesen wünschen wir uns doch so sehr.

Gute Aussichten also für das zurückhaltende Peach Fuzz, wenn es darum geht, den Farbton als Einrichtungsfarbe einzusetzen. Im Gegensatz zu früheren Farben des Jahres von Pantone lässt er sich leicht mit anderen Tönen kombinieren und entsprechend im Interior-Bereich schnell und einfach umsetzen. Die Nuance wirkt beruhigend, sanft und einladend zugleich. Gerade wer mit natürlichen Farben eingerichtet hat, kann damit sanfte Akzente setzen.

So überraschend ist allerdings die Wahl von Pantone für Peach Fuzz auch wieder nicht. Es ist ein klares Signal gegen den in den vergangenen Jahren dominanten minimalistischen Trend mit vielen Beige-Tönen von Taupe über Sand bis zu Kieselgrau. Nun aber scheint die Beliebtheit dieses Einrichtungstrends zu kippen, polarisiert er doch auf den sozialen Medien ziemlich heftig unter dem Stichwort «Sad Beige», also trauriges Beige.

Candy Nudes gezielt eingesetzt

Bereits im letzten Jahr wurde mit dem pastelligen Interior-Trend Candy Nudes eine Wende angekündigt. Inspiriert ist die Farbpalette von süssen Desserts wie Zuckerwatte oder Bonbons und setzt auf Nuancen in Rosé, Mint, Flieder und eben auch zartem Pfirsich. Mit Kinderzimmer-Farben hat Candy Nudes allerdings nichts zu tun, auch wenn man das auf den ersten Blick so empfinden könnte. Wer sein Zuhause damit auffrischen möchte, muss ja auch nicht gleich alle Möbel in Zuckerwatte-Farben tauchen. Es geht vielmehr darum, sie clever in Szene zu setzen.

Am einfachsten lässt sich Peach Fuzz mit Accessoires wie Kissen, Vasen, Teppichen, Bilderrahmen, Leuchten oder Textilien umsetzen. Sie können auch einfacher wieder ausgetauscht werden, falls sie doch nicht genau den Geschmack treffen. Schon kleine Dekofiguren eignen sich bestens, um mit der neuen Trendfarbe zu spielen, wie das Tablett Rotary von Vitra oder die Vase Splash von Hay. In einem schönen Pfirsichton gibt es auch den Leuchten-Klassiker PH5 von Louis Poulsen. Allein schon ein Paravent, wie Minima Moralia von Dante, bringt eine ganz neue Optik in den Raum. Auch Möbel findet man derzeit zuhauf im frischen Farbton. In die Welt von Peach Fuzz taucht man zum Beispiel mit dem Panama Sofa von Sitzfeldt, der Sofagruppe Dizzy von Horm oder mit dem Shade Pouf von Nanimarquina ein. Popstahl bietet eine Miniküche mit Rollwagen in diesem Farbton und Interlübke ein Sideboard.

Auch als Wandfarbe eignet sich Peach Fuzz. Indem man der Farbe den optischen Vortritt lässt, können farblich neutrale Accessoires und Möbel in Weiss oder Naturtönen umso mehr strahlen. Sanft und harmonisch wirken Tapeten, wie die Tapete Meadow von Spaghetti Wall mit stilisierten pfirsichfarbenen Blüten. Der italienische Hersteller Tonalite bietet Fliesen in diesem Farbton. Ein grosses Risiko geht man übrigens mit dieser Farbe nicht ein, wirken Räume doch dadurch beruhigend wie auch stilvoll. Peach Fuzz ist eine erstaunlich vielseitige Farbe, die sich problemlos in verschiedene Designkonzepte einfügt. Sie kann als Haupt- wie auch als Akzentfarbe eingesetzt werden, um einem Raum Charakter, Ausstrahlung und Tiefe zu geben. Ausserdem lässt sie sich bestens mit sanften Pastelltönen wie auch mit kräftigen, satten Farben kombinieren.

Für ein Zuhause als Zufluchtsort

Es erstaunt nicht, wenn man sich bei diesem Pfirsichton auch ein bisschen an den Retro-Filter «Sepia» erinnert fühlt. Deshalb wirkt er insbesondere mit Vintage-Elementen und verspielten Verzierungen sehr harmonisch. Ebenso passt er gut zu glatten Oberflächen wie Metall oder Kupfer. Aber auch mit Holz oder Steinen wirkt er harmonisch. Sozusagen ein Alleskönner, der die eigenen vier Wände zu einer Art Zufluchtsort macht und deshalb künftig beim Einrichten und Wohnen eine interessante Rolle spielen dürfte. Schliesslich hat die Farbwahl von Pantone grossen Einfluss auf Mode- und Interieurproduzenten, inklusive Stoffdesigner und Inneneinrichterinnen, weil sie meist genau den Zeitgeist trifft. Und dieser steht derzeit auf die Rückkehr zu den Grundwerten des menschlichen Daseins: Langsamkeit, Achtsamkeit und das Bedürfnis nach Nähe und Wärme. Genau das, was Peach Fuzz vermittelt.