Obst, Beeren und vor allem Gemüse gelten als sehr gesund. Kein Wunder, denn sie strotzen nur so vor Vitaminen, Mineralien, Bitterstoffen, Pektinen oder auch sekundären Pflanzenstoffen wie Karotinoiden, Flavonoiden, Anthocyanen und Konsorten. Demgegenüber steht der Trend zu immer intensiverer, ja industrieller Produktion von Lebensmitteln. Transport und Lagerung können die Qualität beeinflussen. Hinzu kommt, dass in der Massenproduktion bereits während der Kulturzeit verschiedene Hilfsstoffe eingesetzt werden, um die Ernte sicherzustellen. Es ist also nicht klar, was damit auf den Tisch kommt.
Der Kontrast zwischen der bedarfsgerechten Ernte aus dem heimischen Hochbeet und der industriellen Produktion könnte nicht grösser sein. Man kann das heimische Hochbeet auf Balkon und Terrasse oder den Garten auch als lebendiges «Lager» verstehen, das sich zwar mit etwas Geduld, aber laufend und wie von selbst erneuert. Ganz nach den Grundsätzen «nachwachsender Rohstoff».
Renaissance der Selbstversorgung
Selbstversorgung gibt uns ein gutes Gefühl der Sicherheit. Ausserdem ist das Gärtnern für viele ein guter Ausgleich zum stressigen Alltag: in der Erde wühlen, leidenschaftlich pflanzen, mit Wonne ernten und das Geerntete zu einem gesunden Essen verarbeiten.
Wer eine kleine Gartenecke und zwei bis drei Hochbeete verfügbar hat, wird bei geschickter Fruchtfolge, etwas Erfahrung und Pflege fast täglich das eine oder andere Erntegut aus Eigenproduktion auf den Teller zaubern können – zumindest von März bis Oktober. Selber kultivieren ist bedarfsgerechter, gesünder, nachhaltiger und schont erst noch das Klima. Die Tatsache, dass die Ernte saisonal ist, kommt den Anforderungen in der heimischen Küche entgegen. Man kocht und isst, was gerade Erntezeit hat und reif wird – wie früher.
Was sind die neuesten Trends?
Viele Gemüse und Früchte, die früher nur bedingt in unseren Regionen angebaut werden konnten, gedeihen heute recht problemlos. Das liegt sicher nicht nur an den tendenziell weniger harten Wintern, sondern hat wesentlich mit der Züchtung neuer robuster Sorten zu tun. So gibt es inzwischen Tomaten, die im Freiland gedeihen, ohne an Braunfäule zu erkranken. Chili, Baumchili und Andenbeeren bereichern die Palette, und sogar neue Melonensorten machen den Anbau bei uns mehr und mehr zum Erlebnis. Bei den Kartoffeln dürften sich in den nächsten Jahren zumindest für den Kleingarten neue braunfäuleresistente Sorten durchsetzen. Spannende neue Knollengewächse, die ins Interesse der Gärtner rücken, sind Yacon (Smallanthus), Oca (Oxalis), die Süsskartoffel (Ipomoea).
Süsskartoffeln
Süsskartoffeln auf dem Teller sind inzwischen bekannt. Die gesunden, süssen Knollen enthalten Inulin, ein Ballaststoff, der den Darm in Schwung bringt, den Blutzuckerspiegel positiv beeinflusst und sogar den Cholesterinspiegel senken soll. Süsskartoffeln haben mit unseren klassischen Kartoffeln nichts zu tun. Es handelt sich um ein wärmeliebendes und doch robustes Windengewächs (Ipomoea batata) aus Südamerika. Dass sie auch hierzulande angebaut werden können, ist weniger geläufig. Seit Jahren sind hell- und dunkellaubige Ziersorten verbreitet, die sich als kriechend-hängende Strukturpflanzen elegant um klassische Balkonblüher schmiegen. Diese Ziersorten bringen zwar nur kleine Knollen hervor, beim Abräumen der Kistchen im Herbst wundert man sich dennoch nicht selten über die unerwartete Ernte. Ertragssorten haben geringeren Zierwert, 2 bis 3 kg Knollen pro Pflanze auch im Hausgarten sind aber keine Seltenheit. Zudem kann man das Laub wie Spinat zubereiten, es schmeckt wunderbar. Bloss sollte nicht zu viel auf einmal abgeerntet werden, um die Pflanzen nicht unnötig zu schwächen. Gegenüber Kartoffeln haben die Süsskartoffeln einige Vorteile: Sie sind robuster, Wetterschwankungen machen ihnen wenig aus, sie kriegen keine Braunfäule, brauchen keine Pflege, kein Anhäufeln, kein Päppeln, bloss Wasser und Dünger. Ab Mitte Mai einfach die jungen Pflanzen in den Boden drücken und los gehts. Einziger Wermutstropfen: auch Mäuse lieben die Knollen …
Federkohl
Vielleicht haben Sie schon von «Kale» gehört, dem «coolen Kohl aus den USA»? In den Staaten gilt er als absolutes Trendgemüse und natürlich auch als Superfood. Kale ist jedoch nichts anderes als der amerikanische Name für Federkohl (Brassica oleracea var. sabellica), auch als Grünkohl bekannt. Er verfügt über reichlich knochenstärkendes Kalzium, er ist sogar das kalziumreichste Gemüse überhaupt. Bereits 100 Gramm roher Federkohl enthalten die gleiche Menge Kalzium wie zwei Deziliter Milch. Das typische Wintergemüse übersteht Frost bis –15 Grad nicht nur ohne Probleme, sondern wird dadurch sogar noch geschmackvoller.
Andenbeere
Die Andenbeere (Physalis peruviana) ist eine früher oft verschmähte Garnitur auf dem Dessertteller. Es handelt sich zwar um eine Beere, die Pflanze wird jedoch einjährig kultiviert, in der Regel zusammen mit Gemüsesetzlingen angeboten und lässt sich auch prima neben Gemüse kultivieren. Sie wächst allerdings recht hoch und ausladend, braucht also Platz. Wird sie an einen warmen, sonnigen Standort gepflanzt, erntet man ihre Beeren durchgehend ab Mitte Juli bis zum Spätherbst. Die süsssauer schmeckende Beere ist eine gesunde Vitaminbombe und eignet sich perfekt als Beigabe in ein Müesli oder in einen Salat. Sie ist reich an Vitamin C, Betacarotin und Vitamin A, soll unterstützend auf die Sehkraft sowie auf das Nerven- und Immunsystem wirken.
Wenn man Gemüse und Früchte im eigenen Garten hegt und pflegt, frisch pflückt und verarbeitet, sind sie gesünder als solche aus dem Supermarkt, da sich die enthaltenen Vitamine bei Lagerung und beim ungekühlten Transport schnell abbauen. Ausserdem ist der Vitamingehalt erst dann am höchsten, wenn die Früchte auch wirklich reif sind. Viele pflanzliche Lebensmittel werden jedoch vor ihrem optimalen Reifegrad geerntet, um bei Ankunft in der Schweiz noch «frisch» zu sein. Importierte Lebensmittel werden zudem oft mit Spritzmitteln behandelt, damit sie länger haltbar sind. Es liegt also auf der Hand, dass immer mehr Gartenfreunde ihren Bedarf an Gemüse und Früchten aus dem eigenen Garten decken wollen. Othmar Ziswiler, JardinSuisse
Von Mai bis August pflanzen
Mai / Juni: Nach den Eisheiligen (11. bis 15. Mai) dürfen endlich auch die wärmeliebenden Fruchtgemüse, die ursprünglich aus südlichen Gefilden stammen, ausgepflanzt werden. Dazu gehören: Tomaten (tief pflanzen!), Paprika / Chili, Auberginen, Gurken, Kürbisse, Melonen, Süsskartoffeln. Nach dem Pflanzen gut angiessen und mit regelmässigen Wasser- und Düngergaben für ein flottes Wachstum sorgen.
Mai und Juni sind zudem Erntezeit für Spargeln, Radieschen, Kohlrabi, Salate, Spinat und Zwiebeln.
Juli / August: Am 20. Juni ist Sommer-Sonnenwende, danach werden die Tage wieder kürzer. Das bedeutet, dass jetzt die ersten Herbst- und Wintergemüse gepflanzt werden können: Salate wie Zuckerhut, Endivie, Radicchio; Federkohl und Rosenkohl; Winterlauch; Herbst- und Winterspinat; Nüsslisalat (Aussaat); Radieschen; Frühlingszwiebeln.
Die Monate Juli / August sind Erntezeit für Salate, Rüebli, Knoblauch, Lauch, Randen, Tomaten, Paprika, Auberginen, Gurken, Erbsen und Zucchini.
Erfolg mit Gemüsepflanzen: die 5 wichtigsten Pflegetipps
1. Beet gut vorbereiten, der Boden soll locker und humusreich sein.
2. Richtig pflanzen: Salat, Sellerie und Paprika setzt man hoch, Lauch und Tomaten tief; nur leicht andrücken und angiessen nicht vergessen. Trockene Wurzelballen vorher kurz ins Wasserbad stellen.
3. Schwach-, Mittel- und Starkzehrer beachten! Schwachzehrer sind z. B. Bohnen, Erbsen und andere Hülsenfrüchte, Radieschen, Nüssler und Kräuter. Mittelstarkzehrer sind diverse Salate, Spinat, Fenchel, Karotten, Zwiebeln, Randen, Kohlrabi, Beeren. Zu den Starkzehrern gehören z. B. Gurkengewächse, Tomaten, Sellerie, Lauch, Kohlarten und Kartoffeln. Bei der Planung von Mischkulturen berücksichtigen: Auf Starkzehrer als Folgekultur nicht erneut Starkzehrer planen!
4. Während der Kultur regelmässig hacken und auflockern, bei Bedarf giessen.
5. Pflanzen laufend kontrollieren, kranke Pflanzen frühzeitig eliminieren.