Das Grundbuch ist ein Garant für Rechtssicherheit und gewährleistet einen geordneten Rechtsverkehr im Immobiliarsachenrecht. Obschon das Grundbuch als öffentliches Register bezeichnet wird, sind gewisse Eintragungen und Dokumente nur beschränkt öffentlich. Entscheidend ist – zumindest bei uns in der Schweiz – ob ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft gemacht werden kann.
Grundsätze der Öffentlichkeit
Was im Grundbuch eingetragen ist, besteht; was nicht eingetragen ist, besteht nicht. Diese beiden Grundsätze charakterisieren das Grundbuch und seine Rechtswirkungen. Dazu folgende Beispiele: Wer ein Haus kauft, kann später nicht geltend machen, er hätte nicht gewusst, dass im Grundbuch auf seinem Grundstück ein Bauverbot oder eine Baubeschränkung als Dienstbarkeit eingetragen ist. Und wer seit längerer Zeit einen Weg über das fremde benachbarte Grundstück benutzt, obwohl kein Wegrecht im Grundbuch eingetragen ist, kann sich nicht auf Gewohnheitsrecht berufen, selbst wenn der Nachbar dieser Nutzung bisher nicht opponiert hat.
Glaubhaftes schutzwürdiges Interesse
In Artikel 970 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) ist die Öffentlichkeit des Grundbuchs geregelt. Wer ein Interesse glaubhaft macht, hat Anspruch, dass ihm Einsicht in das Grundbuch gewährt oder ihm daraus ein Auszug erstellt wird. Dazu gehört auch das Einsichtsrecht in die Belege, die als Grundlage für den Grundbucheintrag massgebend sind (z. B. Dienstbarkeitsvertrag, Kaufvertrag).
Das Interesse für eine Einsichtnahme kann verschiedenartig sein. Ein rechtliches Interesse hat beispielsweise ein Vorkaufsrechtsberechtigter, der sein Recht ausüben möchte. Liegt kein rechtliches Interesse vor, so kann jedoch auch ein tatsächliches Interesse – etwa ein wirtschaftliches, wissenschaftliches, persönliches oder familiäres – zur Einsicht ins Grundbuch oder in die Belege berechtigen. Blosse Neugier reicht hingegen nicht. Das Interesse muss folglich schutzwürdig sein und in Abwägung mit den entgegenstehenden Interessen des Grundeigentümers den Vorrang beanspruchen können.
Ohne glaubhaftes schutzwürdiges Interesse
Allerdings ist auch ohne Angabe eines glaubhaften schutzwürdigen Interesses jede Person berechtigt, Auskunft über folgende Daten des Grundbuchs zu erhalten: Bezeichnung des Grundstücks und die Grundstücksbeschreibung, Name des Eigentümers, Eigentumsform und Erwerbsdatum. Die Dienstbarkeiten und Grundlasten sowie ausgewählte Anmerkungen sind ebenfalls öffentlich. In einigen Kantonen sind die öffentlich zugänglichen Daten mittlerweile im Internet abrufbar, allerdings mit limitierten Einzelabfragen.
Vollständige Einsichtsrechte
Der Eigentümer eines Grundstücks hat ein uneingeschränktes Einsichtsrecht in das Grundbuch bezüglich der Eintragungen auf seinem Grundstück, eingeschlossen die hierfür massgebenden Belege.
Auch die Urkundspersonen (Notare) können die Daten des Grundbuchs einsehen, sofern sie vom Eigentümer beauftragt worden sind, ein Rechtsgeschäft vorzubereiten (z. B. Verkauf des Grundstücks). Ein vollständiger Grundbuchauszug ist für Notare zur Ausübung ihres Berufes notwendig, da es zur Rechtsbelehrungspflicht des Notars gehört, den Käufer auf die Rechte und Lasten hinzuweisen, die mit dem Kauf des Grundstücks verbunden sind. Der Notar muss den Käufer also über etwaige Wegrechte, Leitungsrechte und Baubeschränkungen, die im Grundbuch als Dienstbarkeiten eingetragen sind, aufklären.
Zur Öffentlichkeit des Kaufpreises
Die Kantone können bestimmen, dass die Eigentumsänderungen bei Grundstücken amtlich veröffentlich werden. Zusätzlich können sie vorsehen, dass auch die Gegenleistung, also der Kaufpreis, publiziert wird. Nicht zulässig ist die Veröffentlichung der Gegenleistung jedoch bei einer Erbteilung, einem Erbvorbezug, einem Ehevertrag oder einer güterrechtlichen Auseinandersetzung. Der Kaufpreis als solcher wird im Grundbuch nicht eingetragen. Allerdings ist er aus dem Kaufvertrag ersichtlich, der dem Grundbuchamt für die Eigentumsänderung eingereicht werden muss. Dieser bildet einen Beleg für den Grundbucheintrag.
Beispiele aus der Gerichtspraxis
Sofern ein Erbe darlegen kann, dass eine allfällige Verletzung von Pflichtteilsansprüchen im Erbrecht vorliegt, was eine Herabsetzungsklage zur Folge haben könnte, muss gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts das Grundbuchamt den Kaufpreis bekanntgeben. Hingegen lehnte das Bundesgericht ein Begehren um Bekanntgabe des Kaufpreises in einem anderen Fall ab: Drei Geschwister hatten in einem Erbteilungsvertrag bestimmt, dass das Grundstück in das Alleineigentum einer Schwester übergehe, wobei der Teilungswert dem Verkehrswert entsprach. Als die Schwester das Grundstück später verkaufte, konnten die beiden Geschwister den Kaufpreis nicht in Erfahrung bringen, da ihnen ein schutzwürdiges rechtlichen Interesse – beispielsweise ein Gewinnanteilsrecht – fehlte.
Kurzer Blick ins Ausland
Bemerkenswert ist, dass in England und Wales seit rund 20 Jahren alle Grundbuchdaten ohne Interessennachweis eingesehen werden können. In Schottland ist dies bereits seit dem Jahr 1617 möglich. Auch in unserem Nachbarland Österreich sind die Grundbuchdaten für jedermann voraussetzunglos öffentlich. Hingegen muss sowohl in Deutschland als auch im Fürstentum Liechtenstein – wie bei uns – ein berechtigtes Interesse für die Einsichtnahme nachgewiesen werden.
Wer ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht, hat Anspruch, dass ihm Einsicht in das Grundbuch gewährt oder ihm daraus ein Auszug erstellt wird.